Stolpersteine - Familie Adler
David Adler wurde 1887 in Heubach im hessischen Landkreis Schlüchtern geboren. Seine Frau Resi, zwei Jahre jünger als er, stammte aus Braunsbach im Landkreis Schwäbisch Hall. 1921 übersiedelte er von Eldagsen nach Coppenbrügge und heiratete kurz darauf die gelernte Putzmacherin Therese Adler, die Hüte herstellte und alte umarbeitete. Ein Jahr später kam ihr Sohn Martin auf die Welt. David Adler war gelernter Textilkaufmann, der sich um 1924 in Coppenbrügge selbständig machte und mit seiner Frau das Ladengeschäft in der heutigen Osterstraße 12 eröffnete. In zwei neuen Schaufenstern wurden Kleider, Stoffe und Hüte zum Kauf angeboten. Resi Adler beschäftigte sogar einige Mitarbeiterinnen. Das Geschäft lief so gut, dass David Adler 1929 ein Auto anschaffen konnte. Er genoss hohes Ansehen im Ort, gehörte dem Schützenverein an.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 sank der Umsatz bei Adlers rasch um fast die Hälfte, denn der Kauf in jüdischen Geschäften wurde massiv boykottiert. Auch verlor David Adler 1937 seinen Wandergewerbeschein, obwohl sich Bürgermeister Beckmann für ihn eingesetzt hatte. Der heimliche Zugang ins Geschäft vom Burggraben her wurde unter Strafe gestellt.
Schließlich sah die Familie ihre Existenzgrundlage gefährdet und bemühte sich seit Ende 1937 um eine Auswanderung in die USA. Um ein Visum zu erhalten, musste David Adler große Schwierigkeiten überwinden, er verlor fast sein gesamtes Vermögen. Immerhin konnte er 1938 einen Käufer für das Geschäft und Warenlager finden: den in Hemmendorf ansässigen Karl Schlichtmann.
Als David Adler einen Reisepass beim Landkreis beantragte, wurden die Behörden aktiv, um das vorhandene Vermögen feststellen zu lassen. Da Barvermögen nicht ausgeführt werden durfte, schaffte er Möbel und andere Wertgegenstände für die geplante Emigration an, die er peinlich genau auflisten musste. Allein um die Ausfuhrgenehmigung zu erhalten, musste er 1200 Reichsmark zahlen.
Am 22. Juli 1938 meldete sich Familie Adler aus Coppenbrügge ab, um wenige Tage später in Hamburg das rettende Schiff nach New York zu besteigen.
Martin Adler wurde 1922 in Coppenbrügge geboren. Seine Eltern hatten sich eine eigene Existenz aufgebaut, seine Mutter als Putzmacherin, die Hüte herstellte oder änderte, sein Vater als Textilkaufmann. Die Familie war im Ort gut angesehen. Martin wuchs in einer wohlhabenden Familie auf, die bereits ab 1929 ein eigenes Auto besaß. Er besuchte die Volksschule in Coppenbrügge.
Nach Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 verschlechterten sich die Lebensbedingungen rapide, weil jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger drangsaliert wurden. Auch Martin blieb nicht verschont: Ein Zeuge sagte nach dem II. Weltkrieg aus, dass Martin Adler vom damaligen NSDAP-Ortsgruppenleiter und Gleichgesinnten bei jeder Gelegenheit überfallen und verprügelt worden sei, so dass Blut aus Nase und Mund gekommen sei.
Mit 13 Jahren konnte Martin noch seine „Bar Mitzwa“, seine Religionsmündigkeit, feiern. Danach musste er 1935 die Schule verlassen.
Als Kochlehrling lernte er in Hannover und in Stuttgart. 1938 kam er zurück nach Coppenbrügge, um seinen Eltern bei den Vorbereitungen zur Auswanderung zu helfen. Im Juli des gleichen Jahres konnte er mit der Familie in den USA Schutz vor weiterer Verfolgung finden.
Martin Adler besuchte seinen Geburtsort Coppenbrügge in den 1970er/80er-Jahren häufig. Anders als seinen Eltern war ihm die Integration in den USA leichter gefallen. Er erinnerte sich, in der NS-Zeit auch Unterstützung erfahren zu haben: eine Coppenbrüggerin mit Vornamen „Frieda“ hatte für die Familie Adler eine Leica-Kamera gekauft, da Geld von Adlers nicht mit in die USA genommen werden durfte. Eine nachvollziehbare Umgehung der Nazi-Vorschriften, die bei Entdeckung allerdings für beide Seiten schlimme Folgen hätte haben können.
Audio - Hörversion - David und Therese Adler:
Audio - Hörversion - Martin Adler:
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Biografie Familie Adler (1 MB) |